Grafik Skulptur
hermann j.
roth
Enterobactin
21 x 29,7 cm
Print, handkoloriert
1996
Hermann J. Roth verbindet Wissenschaft und Kunst zu einer molekularen Ästhetik.
Der pharmazeutische Chemiker Hermann J. Roth befasst sich seit den 70er Jahren mit der Bildenden Kunst. Dabei erhebt sich die Frage: Was hat diese musische Tätigkeit mit den nüchternen Naturwissenschaften zu tun?
Ganz so abwegig ist die Integration beider Bereiche nicht, gehörten doch Kunst und Wissenschaft einmal eng zusammen, erst später wurden daraus feindliche Brüder. Es gibt heute noch bekannte, multitalentierte Künstler, die beide Gebiete verknüpfen.
Bereits im Jahr 1392 vermerkte der französische Architekt Jean Vignot „Sciencia sine arte nihil est, arte sine sciencia nihil est“ (Wissenschaft ist nichts ohne Kunst, die Kunst ist nichts ohne Wissenschaft).
Ein unbetiteltes Bild von Max Ernst kann die enge Anlehnung an die Darstellung verschiedener pflanzlicher Organellen nicht verleugnen.
Die Kunstformen der Natur von Ernst Haeckel oder die Bilder der Malerin Maria Sibylla Merian verbinden Kunst und Wissenschaft auf ideale Weise.
Einst erlangte die Malerei mit der Einführung der Perspektive eine wissenschaftliche Funktion.
Ästhetische Aspekte führten den Chemiker Kékulé zu seiner Vision des Benzolrings, die später die Grundlage einer ganzen Klasse organischer Verbindungen – den Aromaten – wurde. Die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA durch Watson und Crick erfolgte mit Hilfe ästhetischer Überlegungen.
Die Phantasie und Freizügigkeit der Bildenden Kunst sind kein moralischer Impetus, wenn wir die faszinierenden Bilder eines Victor Vasarely betrachten. Hier vereint sich exakte Geometrie mit kunstvoller Gestaltungsfreude und Einfallsreichtum.
Wie eng sich Mathematik, Experimentierfreude und künstlerische Kreativität umarmen können, hat uns Maurits Cornelis Escher vor allem durch die Darstellung seiner irrealen architektonischen Konstruktionen gezeigt.
Die Kunst ist heute nicht mehr der Antipode der Wissenschaft. Der Physiker, Philosoph und Schriftsteller Christoph Lichtenberg meinte und sagte: „Wer nur Chemie macht, macht auch die nicht richtig“.
Damit gelingt es ihm, die Ästhetik von Molekülen, die bislang keine Objekte künstlerischen Schaffens gewesen sind, sichtbar zu machen und zu gestalten. Er gelangt in das Grenzgebiet zwischen Wissenschaft und Kunst. Submikroskopische Symmetrie und Chiralität werden greifbar. Strukturformeln korrespondieren mit bekannten Objekten des Alltags. Daraus entwickelte sich peu á peu eine Kunstrichtung, die man heute Molekulare Ästhetik nennt.
Seine Grafiken und räumlichen Objekte können in folgende Themenkreise unterteilt werden: Korrespondenzen, Lineare Symmetrie und Palindrome, Zentrosymmetrie, Spielkartensymmetrie, Ornamentik, Chiralität. Als räumliche Objekte sind u.a. Porphin-Metamorphose und Wassercluster zu nennen.
Ein weiteres Motiv bilden Figuren, die im Kristallgitter des Diamanten zu erkennen sind, das in die Ebene projiziert ist. Wenn von Kristallgittern die Rede ist, sollten wir daran denken, dass auch Moleküle dreidimensionale Objekte sind.
Diese Überlegung veranlasste Roth, räumliche Modelle zu formen, wobei aus käfigartigen Verbindungen kompakte, ästhetisch anmutende Körper entstehen (Adamantan, Bicyclooctan, Twistan). Das ist eine der beiden künstlerischen Aktivitäten, die heute im Vordergrund stehen. Die andere ist die Konkrete Kunst: Architektonischer Objekte aus Plexiglas und punktgeschweißtem Drahtgitter (Elbphilharmonie, Ecclesia parva, Petrus-Jakobus-Kirche, Pyramide, Triumphbogen, Türme als Tisch- und Raumobjekte), sowie „Fassaden“ als Kollagen und Wandobjekte.
Aplasmomycin A
Spielkarten Symmetrie
21 x 29,7 cm
Print
2009
Enterobactin
Korrespondenz Strukturformel mit Wappen von Füssen bzw. Isle of Man
21 x 29,7 cm
Print, handkoloriert
1996
Cyclodextrin
ringförmige Oligomere der Glukose
21 x 29,7 cm
Print, handkoloriert
2007
Zibeton
Duftstoff zygomorphe Blüte
21 x 29,7 cm
Print
2007
Hypericin
Hypericin und Schmetterling
29,7 x 21 cm
Print
2001
Ritter und Roben im Diamantgitter
Projiziert man das Kristallgitter des Diamanten in die zwei-dimensionale Ebene, so resultiert ein Translations-Muster mit verschiedenen, sich wiederholenden Figuren
Collage
40 x 30 cm
2010
Klavierstück Rondo
Elfenbeintasten eines Klaviers mit den Urformen Kreis, Dreieck und Quadrat
100 x 100 cm
2002
In seinen Vorlesungen begann Roth, komplizierte Strukturformeln von Wirkstoffen, Naturstoffen und Arzneistoffen an der Tafel durch grafische Aufbereitung verständlicher und sympathischer zu gestalten.
Möbiusband
31 x 14 x 13 cm
2018
Twistan
Bronzeplastik
50 x 42 x 32 cm
1992
Porphyrin Metamorphose
Tischobjekt
20 x 20 x 20 cm
2007
Hohlraum gegliedert
20 x 29 x 20 cm
Tischobjekt
2010
Dendrimer 2
20 x 20 x 20 cm
Tischobjekt
2009
Hermann J. Roth
Hermann J. Roth im Atelier
1929
Geboren in Eisenberg / Pfalz
1954
Pharmazeutisches Staatsexamen
1956
Promotion zum Dr. rer. nat.
1961
Habilitation für Pharmazie
1966 – 1983
Direktor des Pharmazeutischen Institutes der Universität Bonn
1978 – 1981
Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft
1984 – 1994
Direktor des Pharmazeutischen Institutes der Universität Tübingen
1994
Emeritierung
1999
Ehrendoktorwürde der Benemérita Universidad Autónoma de Puebla BUAP, México
seit 1972
Autodidakt in den Bereichen Malerei, Grafik und Skulptur
seit 2003
Mitglied Atelierhaus Neue Schule
2024
Verstorben in Karlsruhe